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1323: Mit der Päpstlichen Bulle Cum inter nonnullos greift Papst Johannes XXII. drastisch in den Armutsstreit der Franziskaner ein. Der Papst verurteilt die von den Spiritualen aufgestellte Behauptung, Christus und die Apostel hätten nichts Eigenes besessen, als Ketzerei und stellt klar, dass diese Behauptungen eine Verunglimpfung der Heiligen Schrift seien.

Die Päpstliche Bulle "Cum inter nonnullos" und die franziskanische Armutsdebatte

Einleitung in die Kontroverse um die franziskanische Armut

Die tiefgreifende Kontroverse um die asketische Lebensweise, welche die Franziskanerbewegung erschütterte, dominierte die theologische und politische Agenda des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts auf bemerkenswerte Weise. Im Brennpunkt dieser Auseinandersetzung stand die fundamentale Frage, ob Christus und seine Apostel materiellen Besitz ihr Eigen nannten oder ein Dasein in vollkommener Entbehrung führten. Diese essentielle Debatte war untrennbar mit der Kernidentität und den Gründungsprinzipien des Franziskanerordens verwoben, welcher von Franziskus von Assisi ins Leben gerufen wurde. Franziskus und seine Anhängerschaft favorisierten die Imitation Christi durch ein Leben, das von Armut und Demut durchdrungen war, ein Ideal, das in scharfem Kontrast zu den etablierten Praktiken des Besitzes und der Akkumulation von Reichtum stand, wie sie in anderen klerikalen Zirkeln gängig waren.

Der Konflikt kulminierte, als innerhalb des Ordens divergierende Strömungen unterschiedliche Interpretationen der Armutsfrage entwickelten. Die sogenannten „Spiritualen“ unter den Franziskanern hielten an der absoluten Besitzlosigkeit als einem unerlässlichen Fundament des christlichen Lebens fest. Sie postulierten, dass weder Christus noch seine Apostel jemals Eigentum besaßen, weder kollektiv noch individuell. Diese rigide Auffassung führte zu erheblichen Spannungen innerhalb des Ordens und mit der Gesamtkirche, da sie eine direkte Infragestellung der etablierten kirchlichen Strukturen und ihrer Besitzansprüche darstellte.

Die Auseinandersetzung erreichte ihren dramatischen Höhepunkt, als Papst Johannes XXII. im Jahre 1323 durch die Veröffentlichung der Bulle Cum inter nonnullos intervenierte. Diese päpstliche Dekretation erklärte die Lehre von der absoluten Armut Christi und der Apostel offenkundig als häretisch. Johannes XXII. argumentierte, dass die biblischen Passagen, die von Besitz zeugen, fehlinterpretiert würden und dass die Annahme, Christus habe keinen Besitz gehabt, den Heiligen Schriften widerspreche. Diese Verdammung mündete in eine noch tiefere Spaltung innerhalb des Ordens und in einen offenen Konflikt mit dem Pontifikat.

Die gestaltende Rolle des Franz von Assisi und die Entfaltung des Franziskanerordens

Franz von Assisi, der visionäre Gründer des Franziskanerordens, avancierte zu einer prägenden Gestalt des dreizehnten Jahrhunderts, dessen Lebensführung und Lehren die katholische Ekklesia nachhaltig beeinflussten. Als Giovanni di Pietro di Bernardone in Assisi, Italien, geboren, entsagte er seinem privilegierten Elternhaus und widmete sich einem Dasein in Besitzlosigkeit und hingebungsvollem Dienst. Seine radikale Entscheidung, weltliche Güter aufzugeben, wurzelte in seiner tiefgreifenden Exegese der Evangelien, insbesondere der Lehren Jesu über die Notwendigkeit der Armut und des Teilens mit den Notleidenden.

Der Franziskanerorden, offiziell als Ordo Fratrum Minorum (Orden der Minderbrüder) bekannt, entsprang Franziskus’ brennendem Verlangen, ein Leben in unmittelbarer Nachfolge Christi zu führen. Die Brüder verpflichteten sich einer rigorosen Armut, verkündeten das Evangelium und bestritten ihren Lebensunterhalt durch Almosen. Diese kompromisslose Hingabe an die Besitzlosigkeit differenzierte sie von anderen klerikalen Orden, die häufig über beträchtliche Besitztümer verfügten und von Spenden lebten, die sie umsichtig verwalteten.

Franziskus’ Haltung zur Armut und sein strikter Verzicht auf Eigentum wurden in der Ordensregel kodifiziert, welche er 1223 dem Pontifex zur Approbation unterbreitete. Diese Regel betonte die Nachfolge Christi durch Armut und Demut und legte das Fundament für die spirituelle und organisatorische Ausrichtung des Ordens. Der Pfad der Besitzlosigkeit war jedoch nicht frei von Kontroversen und führte zu internen Spannungen, insbesondere als der Orden expandierte und sich Mitte des dreizehnten Jahrhunderts etablierte.

Die Eskalation der Armutskontroverse im 13. und 14. Jahrhundert

Die Armutskontroverse entwickelte sich im Laufe der Dekaden zu einem zentralen Reibungspunkt innerhalb der Kirche und des Franziskanerordens. Die frühen Franziskaner, inspiriert von Franz von Assisi, hielten unbeirrt an der Vorstellung der absoluten Armut fest und erblickten darin den authentischen Ausdruck christlicher Nachfolge und Hingabe. Diese Auffassung wurde insbesondere von den „Spiritualen“, einer radikalen Fraktion innerhalb des Ordens, unnachgiebig verteidigt.

Die Spiritualen argumentierten vehement, dass Christus und die Apostel keinerlei Besitz ihr Eigen nannten, weder individuell noch kollektiv, und dass dies das Ideal sei, dem die Franziskaner folgen sollten. Diese Sichtweise stellte sie in direkten Gegensatz zu den „Konventualen“, die eine flexiblere Interpretation der Armut favorisierten und postulierten, dass der Orden Besitztümer zum Wohle seiner Mitglieder und seiner missionarischen Bestrebungen besitzen dürfe.

Im Verlauf der Jahre verschärften sich die Spannungen, als die Spiritualen zunehmend als Bedrohung für die kirchliche Autorität wahrgenommen wurden. Ihre rigide Auslegung der Armut wurde von manchen klerikalen Führern als Infragestellung der päpstlichen und kirchlichen Macht angesehen, insbesondere angesichts der wachsenden Bedeutung des Ordens und seiner Mitglieder in der kirchlichen Hierarchie.

Johannes XXII. und die Promulgation der Bulle "Cum inter nonnullos"

Papst Johannes XXII. war eine zentrale Figur in der dramatischen Eskalation des Armutsstreits. Er war bekannt für seine unnachgiebige Haltung gegenüber abweichenden theologischen Doktrinen und setzte sich entschieden für die autoritäre Stellung des Papsttums ein. Seine Bulle Cum inter nonnullos aus dem Jahr 1323 war ein unmittelbares Resultat seiner Bemühungen, die Einheit der Kirche zu bewahren und häretische Lehren zu unterdrücken.

In der Bulle proklamierte Johannes XXII., dass die Lehre von der absoluten Armut Christi und der Apostel als häretisch zu verurteilen sei. Er argumentierte, dass die Heiligen Schriften unzweideutig belegten, dass Christus und seine Apostel Besitz besaßen, und dass die gegenteilige Behauptung eine Verfälschung der Schriften darstelle und den Glauben der Gläubigen untergrabe. Die Bulle wurde mit der Unterstützung einer theologischen Kommission herausgegeben, die eigens beauftragt worden war, die delikate Frage der Armut zu examinieren.

Die Promulgation dieser Bulle markierte einen Wendepunkt im Armutsstreit, da sie die Spaltung innerhalb des Franziskanerordens und die Feindseligkeit zwischen den Spiritualen und der päpstlichen Autorität vertiefte. Viele Spiritualen weigerten sich, die Bulle anzuerkennen, und betrachteten sie als einen Angriff auf die unveräußerlichen Fundamente ihrer spirituellen Überzeugungen.

Die Echos innerhalb des Franziskanerordens und der umfassenderen Kirche

Die Reaktionen auf die Bulle Cum inter nonnullos divergierten erheblich sowohl innerhalb des Franziskanerordens als auch in der Gesamtkirche. Die Spiritualen lehnten die Bulle vehement ab und betrachteten sie als einen Verrat an den Idealen des Franz von Assisi. Sie argumentierten, dass die wahre Nachfolge Christi ausschließlich durch ein Dasein in absoluter Armut realisierbar sei und dass jede Deviation von diesem Prinzip eine Verwässerung des franziskanischen Ideals impliziere.

Einige Mitglieder des Ordens, insbesondere die Konventualen, akzeptierten jedoch die päpstliche Dekretation und sahen darin eine notwendige Maßnahme zur Bewahrung der Einheit des Ordens und der Kirche. Diese Gruppierung vertrat die Ansicht, dass Flexibilität im Umgang mit Besitz unabdingbar sei, um die missionarische und karitative Arbeit des Ordens zu fördern und zu ermöglichen.

Außerhalb des Ordens entzündete die Bulle intensive theologische und politische Debatten. Einige Gelehrte und Kirchenführer unterstützten die päpstliche Entscheidung und argumentierten, dass die kirchliche Autorität in Fragen der Lehre und Disziplin von entscheidender Bedeutung sei. Andere wiederum interpretierten die Bulle als Ausdruck päpstlicher Hybris und als eine Gefahr für die spirituelle Integrität der Kirche, ähnlich einem Sturm, der die Segel der Glaubenstreue zerriss.

Die nachhaltigen Konsequenzen der Bulle "Cum inter nonnullos"

Die Bulle Cum inter nonnullos hinterließ weitreichende und tiefgreifende Auswirkungen auf den Franziskanerorden und die katholische Kirche insgesamt. Innerhalb des Ordens führte sie zu einer weiteren Spaltung zwischen den Spiritualen und den Konventualen, die schließlich zur Entstehung unterschiedlicher Fraktionen mündete. Einige Spiritualen traten aus dem Orden aus oder wurden exkommuniziert, während andere in den Untergrund abtauchten oder sich anderen Bewegungen anschlossen, die ebenfalls im Konflikt mit der klerikalen Autorität standen.

Auf breiterer Ebene trug die Bulle zur Debatte über die Rolle und die Macht der päpstlichen Autorität bei. Sie diente als Exempel für die Herausforderungen, denen das Pontifikat gegenüberstand, als es versuchte, die Einheit und die Disziplin innerhalb der Kirche zu wahren, während es gleichzeitig mit aufkommenden Bewegungen und Ideen ringen musste, die die etablierten Strukturen in Frage stellten.

Langfristig beeinflusste die Bulle die Evolution der theologischen Diskussion über Armut und Besitz in der Kirche. Sie trug dazu bei, die Grenzen dessen zu definieren, was als akzeptable Exegese der Schriften betrachtet wurde, und legte den Grundstein für zukünftige Erörterungen über die Beziehung zwischen Kirche und weltlichen Besitztümern.

Die bestimmende Rolle der Spiritualen in der franziskanischen Bewegung

Die Spiritualen spielten eine entscheidende, ja, bestimmende Rolle in der Entfaltung der franziskanischen Bewegung und der umfassenderen Diskussion über Armut und Besitz innerhalb der Kirche. Als radikale Fraktion innerhalb des Franziskanerordens hielten sie an den ursprünglichen, unverfälschten Idealen des Franz von Assisi fest und betonten die existenzielle Bedeutung eines Lebens in absoluter Armut als Ausdruck der authentischen Nachfolge Christi.

Die Spiritualen lehnten jegliche Form von Besitz kategorisch ab und erblickten darin eine existenzielle Gefahr für die spirituelle Reinheit und Integrität des Ordens, gleich einem Rost, der das Metall des Glaubens zerfrisst. Sie argumentierten, dass Besitz und Reichtum die Nachfolge Christi und die Hingabe an das Evangelium kompromittieren könnten. Diese tief verwurzelten Überzeugungen brachten sie in direkten Konflikt mit der kirchlichen Hierarchie, welche Besitz als unerlässlich für die Unterstützung der klerikalen Mission und Administration erachtete.

Trotz ihrer Marginalisierung und der Verfolgung durch die kirchliche Autorität blieben die Spiritualen eine einflussreiche Stimme innerhalb der franziskanischen Bewegung und trugen zur anhaltenden Diskussion über die Rolle von Armut und Besitz in der Kirche bei. Ihre Ideen beeinflussten spätere Bewegungen und Diskurse über die Beziehung zwischen Kirche und Welt und trugen zur Entwicklung einer kritischen Perspektive auf klerikale Macht und Reichtum bei.

Die theologische Auseinandersetzung um Besitz und Entbehrung

Die theologische Auseinandersetzung um Besitz und Entbehrung, welche durch die Bulle Cum inter nonnullos entfacht wurde, war von fundamentaler Bedeutung für die Entwicklung der kirchlichen Doktrin und Praxis im Mittelalter. Diese Debatte tangierte nicht nur die Franziskaner, sondern auch die breitere Kirche und die christliche Theologie in ihrer Gesamtheit.

Im Kern der Debatte stand die Frage, ob Besitz mit der christlichen Nachfolge vereinbar ist und in welchem Maße die Kirche und ihre Mitglieder Eigentum ihr Eigen nennen sollten. Die Spiritualen argumentierten, dass absolute Armut notwendig sei, um die Lehren Christi authentisch zu rezipieren, während andere innerhalb der Kirche Besitz als unerlässlich zur Gewährleistung der kirchlichen Mission und zur Unterstützung der Gläubigen ansahen.

Diese Debatte führte zu einer intensiven Auseinandersetzung über die Exegese der Schriften und die Rolle der kirchlichen Autorität in Fragen der Lehre. Sie beeinflusste die Entwicklung der katholischen Doktrin über Besitz und Armut und trug zur Formulierung von Richtlinien bei, welche die Beziehung zwischen Kirche und Besitz in den folgenden Jahrhunderten maßgeblich prägten.

Der prägende Einfluss von Johannes XXII. auf die Kirche und die franziskanische Bewegung

Papst Johannes XXII. war eine zentrale Figur in der Annalen der katholischen Kirche und der franziskanischen Bewegung. Seine Entscheidungen und Aktionen hatten weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung der kirchlichen Lehre und die interne Dynamik des Franziskanerordens.

Johannes XXII. war bekannt für seine unnachgiebige Haltung gegenüber abweichenden Lehren und seine Bemühungen, die Einheit und die Disziplin innerhalb der Kirche zu wahren. Seine Bulle Cum inter nonnullos war ein Ausdruck dieser Bemühungen und ein Versuch, die kontroverse Diskussion über Armut und Besitz zu klären und die kirchliche Autorität zu konsolidieren.

Sein Pontifikat war geprägt von Konflikten mit verschiedenen Bewegungen und Fraktionen innerhalb der Kirche, darunter die Spiritualen und andere Gruppierungen, die seine rigide Auslegung der kirchlichen Lehre in Frage stellten. Trotz dieser Auseinandersetzungen trug Johannes XXII. zur Stärkung der päpstlichen Autorität bei und legte das Fundament für die Entwicklung der Kirche in den folgenden Jahrhunderten.

Schlussbetrachtung und Ausblick

Die Historie der Bulle Cum inter nonnullos und die Armutsdebatte der Franziskaner gewähren wertvolle Einblicke in die Komplexität der kirchlichen Lehre und Praxis im Mittelalter. Diese Ereignisse demonstrieren, wie theologische Diskurse und kirchliche Dekretationen tiefgreifende Auswirkungen auf die Entfaltung religiöser Bewegungen und die Struktur der Ekklesia zeitigen können.

Die Erörterung über Armut und Besitz behält auch in der Gegenwart ihre Relevanz, da sie fundamentale Fragen über die Rolle von Besitz und Reichtum in der christlichen Nachfolge und der kirchlichen Praxis aufwirft. Die aus der Geschichte der franziskanischen Bewegung und der Bulle Cum inter nonnullos gewonnenen Erkenntnisse können dazu beitragen, eine kritische Perspektive auf aktuelle Diskurse über Wohlstand, Macht und Spiritualität zu entwickeln.

In toto illustriert die Geschichte der franziskanischen Bewegung und der Bulle Cum inter nonnullos die essentielle Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen spirituellen Idealen und pragmatischen Anforderungen zu finden, und wie entscheidend die Rolle der kirchlichen Autorität bei der Vermittlung dieser Dynamik ist.

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